Ordnung im Like-Wirr-Warr. Zur personalisierten Suche im Social Graph

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Als ich mich gestern in meinen Facebook-Account einloggte, schwebte ein kleines Infokästchen in der rechten oberen Ecke meines Profils: „ Bald ercheint hier die Suche im Social Graph“. Worum geht’s bei dieser Facebook-Innovation?

Um mich über die Funktion des neuen Suchfensters schlau zu machen, konsultierte ich erstmal Facebook selbst. Dort fand ich Fotos von lachenden Freundinnen, Müttern mit ihren Neugeborenen oder einem lässigen Skater mit drei Sonnenbrillen auf dem Kopf. Darüber standen Suchanfragen, die ich bald in mein Facebook-Fenster eingeben könnte:

  • Personen, die gerne Fahrrad fahren
  • Fotos von meinen Freunden in New York
  • Restaurants in London, die meine Freunde besucht haben
  • Musik, die meinen Freunden gefällt
  • Personen, die aus meiner Heimatstadt stammen

Es handelt sich also um eine weitere praktische Dienstleistung, die Facebook anbietet. Mittlerweile kann ich über das Netzwerk nicht nur Nachrichten schreiben, chatten und Fotoalben erstellen sondern auch Filme ausleihen, einkaufen und Mitfahrgelegenheiten buchen. Ich könnte auch „Single Männer in München, die Radiohead mögen“ eingeben. Dann wird Facebook durch die neue Funktion auch noch zur Dating Plattform. Ist Facebook bald das neue Netz? „Facebook schickt sich an, das Internet zu fressen“ schreibt Markus Breuer auf seinem Blog „steingrau“. Dass das Netzwerk mittlerweile so groß ist, bewundert er aus unternehmerischer Sicht, weist aber auch darauf hin, dass es sich bei Facebook um einen gigantischen „walled garden“ handele, also einen abgesteckten Bereich,  „in dem der Hausherr bestimmt, was passiert.“

Facebook als gigantische Marketing-Datenbank

Laut Facebook sollen es Nutzer mit der Suche im Social Graph einfacher haben, gemeinsame Interessen zu entdecken. In den wild wuchernden Like-Dschungel wird also bald Licht gebracht: Mein Klickverhalten und das meiner Freunde ist nach Einführung der Social Graph Suche geordnet, abrufbar und in Zahlen messbar. Die Suche im Social Graph hat zwei Marketing-Potentiale: Erstens gibt Facebook die Dinge, die ich gelikt habe, Angaben, die ich bei der Anmeldung gemacht habe (Geschlecht, Alter, Beziehungsstatus) oder Gruppen denen ich beigetreten bin an seine Werbekunden weiter (Erklärt Facebook hier). So liefere ich selbst alle Informationen zur Erfassung meiner Zielgruppe, die das Netzwerk dann teuer verkauft und für gezielte Werbung nutzbar macht. Dass Suchanfragen wie „Leute unter 25, die Coca Cola mögen“ erfolgreich Informationen liefern, macht Facebook zu einer riesigen Marketing-Datenbank.

Zweitens werden über die neue Suchfunktion alle dazu eingeladen, Marketing unter Freunden zu betreiben. Laut Nielsen, einem der führenden Marktforscher im Online-Bereich, vertrauen 78 Porzent der Konsumenten den Aussagen ihres persönlichen Netzwerks, nur 14 Prozent vertrauen den Aussagen in der Werbung. Dass ich bei meiner nächsten Hamburg-Reise in einem kleinen, gemütlichen Italiener lande, wäre demnach wahrscheinlicher wenn ich der Facebook-Empfehlung eines guten Freundes folge, als wenn ich der Werbeanzeige einer öffentlichen Plattform nachgehe.

Wer kann die Suche im Social Graph schon nutzen?

Deutsche Facebookmitglieder können die Suche im Social Graph momentan nur nutzen, wenn Sie in ihren Einstellungen US-amerikanisches Englisch als Sprache gewählt haben. Bald soll es aber auch im deutschen Facebook, ähnlich wie bei einer Google-Suche, möglich sein, Informationen über das Facebook-Eingabefenster zu erhalten (Focus, 10.07.2013). Weil Inhalte durch die neue Funktion an eine breitere Öffentlichkeit gelangen, rufen Datenschützer der Electronic Frontier Foundation (EFF) dazu auf, die eigenen Angaben und Likes auf Facebook zu überprüfen.

The creepy details of facebooks new graph search

Steingrau.de:  Ich bin drin! Ist Facebook das neue Internet?

Hier Facebook erklärt seine Werbestrategien

Dem Social Graph entgeht nichts: Facebook-Vergangenheit unter der Lupe

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